Führungen und Sonderausstellungen im September 2020
Zur kleinen Kieler Woche wird es im Flandernbunker 3 Sonderführungen geben. Die Führungen an den beiden Sonntagen starten jeweils um 11.30 Uhr, die Führung am Mittwoch beginnt um 15 Uhr.
Die Gruppen bleiben bei den Führungen auf 20 Personen beschränkt, gegebenenfalls wird eine Parallelführung angeboten. Im Flandernbunker besteht Mund-Nasenschutzpflicht und das Abstandsmindestgebot. Eine Anmeldung für die ist nicht nötig, wird aber zur besseren Planung des Vereins mit Angabe des Namens und der Personenzahl empfohlen unter Telefon 0431 – 260 630 9 oder per E-Mail unter info@Kriegszeugen.de. Gruppen können zu jeder anderen Zeit Sonderführungen buchen.
Aktuell sind im Flandernbunker zwei Sonderausstellungen und zwei Dauerausstellungen zu sehen.
Die Ausstellung „Sprechblasen für die Menschlichkeit“ in Kooperation mit Amnesty International konnte bis zum 1. November verlängert werden. Zu sehen sind Comics der syrischen Zeichner Hala Ismaeil und Ziead Zankello. Rund 50 Karikaturen und Cartoons zeigt das Künstlerpaar, das aus Aleppo stammt und 2015 den klassischen Weg so vieler Flüchtlinge bewältigte: in die Türkei, mit dem Schlauchboot nach Griechenland auf die Insel Samos, von dort nach Athen, Mazedonien, Serbien, Ungarn, Österreich, dann über Hamburg und Reinfeld nach Boostedt, drei Wochen Kaserne, dann eine Asylanten-WG in Büdelsdorf. Heute lebt das junge Ehepaar mit anerkanntem Asylstatus in Rendsburg – und zeichnet Comics. Beide sind Profis, haben in Aleppo Kunst und Visuelle Kommunikation studiert. Beide unterrichten heute, leben teils noch von öffentlicher Unterstützung, beide wollen da raus, wollen sich durch ihren kreativen Beruf selbst finanzieren.
Schon seit 2014 geben die beiden das „FASCHAL.Magazin“ heraus. Faschal bedeutet Scheitern. „Es gibt keinen Grund, sich für ein Scheitern zu schämen, solange wir nicht aufgeben und weitermachen“, sagt das Künstlerpaar. Das Monatsmagazin erschien zunächst in arabischer und türkischer Sprache, heute in Arabisch und Deutsch. Die Sprache der Comics wählen sie, „weil unsere Generation nicht liest“, weil Bilder schneller zu verstehen sind. Mit ihren Bildern erzählen sie wahre syrische Geschichten, erzählen von unterdrückter Meinungsfreiheit, von Gefängnis und Folter, von Widerstand, Waffen und Gewalt, von der Suche nach Gerechtigkeit und einem menschlichen Wertesystem in einem arabischen Land, dessen Weg in die Demokratie erstickt worden ist. Doch sie bleiben nicht in ihrer kriegszerrütteten Vergangenheit stehen, blicken auch mit kritisch-ironischem Blick in unsere Konsumgesellschaft, auf die negativen Auswirkungen der Technologie, auf soziale Phobie, weil diese Erscheinungen in der heutigen Gesellschaft beitragen zum Scheitern in Bezug auf das soziale Leben, auf Familie und Arbeit.
Bei der Flucht über die Ostsee 1945 war der Kieler Flandernbunker eine militärische Schaltzentrale zur Koordination. Heute ist er Diskursort der Erinnerungskultur für Frieden und Völkerverständigung. Nicht zum ersten Mal hat Amnesty International dort nun um Asyl für die Kunst gebeten, um eine Ausstellung für junge Künstler, die heute als Asylanten in Schleswig-Holstein leben.
Die Ausstellung "War mein Opa Nazi?" wurde um ein volles Jahr bis zum 18. April 2021 verlängert. Viele Menschen fühlen sich von der dahinterstehenden Fragestellung persönlich angesprochen und befragen auch ihre Familiengeschichte. Die Erkenntnis, dass niemand für die Vorgeschichte in seiner Familie die Verantwortung trägt, kann dabei helfen. Aber das Eintauchen in die Vergangenheit der eigenen Familie kann mitunter auch helfen, eigene Umstände besser zu verstehen. Die Ausstellung zeigt künstlerische Positionen zu diesem Thema – und ermöglicht damit auch einen gewissen Abstand zu den Tatsachen der Vergangenheit. Zu sehen sind Positionen von zehn Künstlerinnen und Künstlern, die sich der unbequeme Frage bezüglich ihrer Vorfahren gestellt haben. Sie konnten sehr kreative Antworten dazu entwickeln, die mal direkt Momente der Geschichte aufgreifen, mal symbolisch oder im übertragenen Sinne an das Thema herangehen. So hat die Künstlerin Renate Basten halbabstrakte Rundbilder für die Ausstellung geschaffen, die sich mit ihrer persönlichen Vergangenheit befassen: Sie hat teilweise jüdische Vorfahren, weshalb der eine ihrer Großväter auch nach dem Ende von Nazidiktatur und verordnetem Rassenwahn nichts von seiner Enkeltochter wissen wollte.
Die Ausstellung "Junge Eingriffe in alte und neue Geschichte" zeigt Objekte von Schülerinnen und Schülern der Kieler Hebbelschule zu Krieg und NS-Geschichte sowie einen Film, der symbolisch positive Haltungen junger Menschen zu den "Bad News" aus Geschichte und Gegenwart zum Thema hat. Darüber hinaus hat ein Kunstkurs der Hebbelschule sich mit dem Thema von Gewalt als Sprengstoff in der Sprache auseinandergesetzt und dies in Bilder und Objekte umgesetzt, die ebenfalls im Mittelgeschoss des Flandernbunkers zu sehen sind.
Die Ausstellung "Bunker - Bomben - Menschen" zeigt anhand von Zeitzeugenberichten die Entwicklung des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs in Kiel. "Erinnerungen an 'Kilian' " schließlich zeigt Bilder, Dokumente und Konzepte zur Ruine des U-Bootbunkers Kilian, der heute als Denkmal leider nicht mehr vorhanden ist - um seine Existenz war im vergangenen Jahrhundert 16 Jahre lang gerungen worden.
Eintritte: Für Einzelpersonen kostet die Teilnahme an einer Sonntags-Führung 6 Euro, ermäßigt 4 Euro einschließlich Eintritt. Eine Sonderführung für Gruppen kostet 30 Euro plus 4 Euro je Person, ab 13 Personen 3 Euro je Person. Der reguläre Eintritt ohne Führung kostet 4 Euro, ermäßigt 3 Euro. Kinder unter 14 Jahren haben freien Eintritt. Für Schulklassen gelten Sondertarife.