Unsere Ausstellung im Flandernbunker geht in die Verlängerung. Bis 11. Juli 2021 haben Sie die Gelegenheit, die Ausstellung anzuschauen, Workshops zu buchen oder an Führungen teilzunehmen.
Ausstellungen im Flandernbunker verlängert
Die Ausstellung „War mein Opa Nazi?“ ist jetzt verlängert worden. Eigentlich sollte sie am 18. April nach einer bereits erfolgten Verlängerung geschlossen werden. Das Interesse an den elf künstlerischen Blicken auf ein schweres Thema der deutschen Vergangenheit ist ausgesprochen gut: Allein seit dem Ende des langen Lockdowns in diesem Jahr strömten trotz der Pandemie-Beschränkungen Hunderte Besucherinnen und Besucher in den Flandernbunker.
Viele Menschen fragen verstärkt nach ihrer eigenen Familiengeschichte - auch durch die Plakatierungen im öffentlichen Raum, die von der Kieler Werbeagentur Wolf & Carow sowie dem Kieler Werbemittelvertrieb Thomsen unterstützt wird. Manche berichten dem Verein Mahnmal Kilian ihre eigene Geschichte oder haben Fragen dazu an das Team vor Ort. Ende Juli soll die Ausstellung nach Frankfurt wandern. Bis zum 11. Juli 2021 wird sie nun noch im Flandernbunker gezeigt.
Wie es überhaupt zu der Ausstellung kam, welchen Zweck wir damit verfolgen und wie Sie sich selber auf die Spurensuche machen können, hat Anja Manleitner, Kuratorin der Ausstellung, Jan Schleifer - Kommunikation & Coaching für seine Podcastserie #fearlessculture erzählt.
-----
Die gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen der Zeit nach dem ersten Weltkrieg führten 1939 zum Zweiten Weltkrieg. Eine bis heute immer wieder gestellte Frage in diesem Zusammenhang ist jene, wie rechtsextreme Kräfte so kurzfristig erstarken konnten und eine derartige Macht über die Bevölkerung gewinnen konnten.
Im offiziellen Diskurs sind die Täterschaft der Nationalsozialisten und die unterstützende Haltung des Großteils der Bevölkerung unbestritten.Was aber brachte die Menschen dazu, die Nationalsozialisten zu unterstützen oder zuzulassen, dass die Republik zu einem totalitären Staat umgebaut wurde?
Das Parteiprogramm der NSDAP sprach dabei klare Worte: Ausschluss der „rassischen“ Juden aus dem Staatsbürgerrecht, Einschränkung der Presse- und Religionsfreiheit sowie Kampf für ein „Großdeutschland“.
Theoretisch sollten die Menschen also gewusst haben, was im Staat passierte, praktisch gab es nach dem Krieg eine Nation von Nicht-Wissern, die sich langsam von einer Täter- zu einer Opfergesellschaft wandelte.
Dies zeigt sich auch in der Wahrnehmung der eigenen Familiengeschichten. Laut einer Studie der Universität Bielefeld in Kooperation mit der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft, die im Februar 2018 veröffentlicht wurde, gaben zwei Drittel der Befragten an, unter ihren Vorfahren seien keine »Täter des Zweiten Weltkrieges« gewesen.
Es gibt also eine Kluft zwischen familiärer Erinnerung und der gesellschaftlichen Erinnerungskultur bezüglich der Zeit des Nationalsozialismus'.
Erinnerungen die mit der eigenen Familiengeschichte verbunden sind, haben einen besonders hohen Stellenwert, und sind folglich auch besonders geeignet, Menschen zum Hinschauen und Handeln zu ermuntern. Die eigene Betroffenheit sorgt für ein erhöhtes Interesse und kann sowohl zu einer Verdrängung des Themas als auch zu einer Überhöhung des selbigen führen.
Die künstlerische Auseinandersetzung bietet eine Stufe der Abstraktion, die es ermöglicht den Tabubruch zu leisten, die eigene Familie der (Mit-)Täterschaft zu bezichtigen und trotzdem eine Loyalität zu bewahren. Mit dem Medium Kunst kann eine schützende Distanz zum Thema geschaffen werden, ohne die emotionale Brisanz aufzuheben.